Markus Koob MdB

Meine Rede zur Lage in Mali

Wir diskutierten in dieser Woche über die derzeitige politische Lage in Mali. Das dortige Militär putschte den Staats- und Regierungschef aus deren Ämtern. Die ECOWAS steht nun in Verhandlungen mit der Militärführung über das weitere Vorgehen. In meiner Rede nahm ich Bezug auf zwei Anträge der Links- und AfD-Fraktion, die einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem von Terrorismus gezeichneten Land fordern.

„Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier im Mai das letzte Mal zusammengekommen, um über Mali und die Bundeswehrmandate, die wir damals verlängert haben - EUTM Mali und MINUSMA -, zu reden. Allen Rednern damals war eines gemeinsam: Sie haben die Lage in Mali aufgegriffen, die uns alle mit großer Sorge erfüllt. - War die Lage im Mai schon schwierig, so ist sie bis heute sicherlich nicht besser und vor allem auch nicht übersichtlicher geworden; das muss man sicherlich feststellen.

Als Mitte August die Meldung kam, dass es in Mali einen Putsch gegeben hat, sind mir zunächst mal zwei Fragen durch den Kopf gegangen:

Die erste Frage ist: Was bedeutet das für unsere Soldatinnen und Soldaten, die mit der Bundeswehr dort unten in diesen beiden Missionen ihren Dienst tun? Sind sie sicher, und können wir diese Einsätze fortführen oder nicht?

(Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): Also weiter ausbauen?)

Die zweite Frage ist: Was bedeutet das eigentlich für die Zukunft Malis?

Ich fange mal mit dem ersten Punkt an, weil das auch für uns in meiner Fraktion die Nummer 1 und am wichtigsten ist. Die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten steht an oberster Stelle. Sobald diese nicht mehr gewährleistet ist, müssen wir eingreifen. Nach unserem Kenntnisstand war sie aber zu keinem Zeitpunkt gefährdet, und ich danke auch hier dem Verteidigungsministerium ausdrücklich dafür, dass es dafür Sorge getragen hat, dass die Soldatinnen und Soldaten vor Ort entsprechend sicher sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

EUTM Mali ist im Moment ausgesetzt; MINUSMA läuft weiter. Natürlich werden wir auch schauen müssen, wie es in Mali weitergeht, und darüber beraten, ob diese Einsätze eine langfristige Zukunft haben oder nicht. Die Frage ist: Ist heute der Zeitpunkt, um darüber zu entscheiden? Ich finde, nein, und werde auch gleich sagen, warum.

Die zweite Frage ist: Was bedeutet es eigentlich, wenn wir unser Bundeswehrengagement und vielleicht sogar auch das internationale Engagement in Mali jetzt beenden? - Und da - das muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Gysi - war ich wirklich ein bisschen enttäuscht von Ihrer Rede. Ihr Antrag gibt ja eigentlich nur rein formale Gründe wieder, warum wir die Bundeswehr zurückholen und das Mandat beenden sollten. Sie setzen sich aber mit keiner Silbe mit der Frage auseinander, was das eigentlich heißen würde. Ich bin auch deshalb enttäuscht von Ihnen, weil letztes Jahr zwei Kolleginnen aus Ihrer Fraktion in Mali waren und Gespräche mit Entwicklungshelfern geführt haben. Die Entwicklungshelfer haben klar gesagt: Die militärische Präsenz vor Ort ist eine Voraussetzung dafür, dass Entwicklungshilfearbeit überhaupt stattfinden kann.

(Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): Ja, aber doch nicht nach einem Putsch!)

- Das ist die zweite Frage, aber Sie müssen doch erst mal überlegen, was die Konsequenz wäre, wenn wir hier heute beschließen würden: Wir ziehen die Bundeswehr zurück. - Die Konsequenz wäre, dass wir die Entwicklungshilfe vor Ort nicht weiter fortführen könnten.

Sie müssen doch auch mal eine Perspektive eröffnen und sagen, was das dann für das Land heißt. Ist es denn eine verantwortungsvolle Politik, heute, wo wir noch gar nicht wissen, in welche Richtung sich dieses Land in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt, zu sagen: „Wir ziehen jetzt die Truppen zurück, überlassen das Land sich selbst und sorgen dafür, dass es weiterhin in Chaos gestürzt wird“? Ich glaube, dass für all diejenigen, die damals im Mai schon gesagt haben, dass die Situation in Mali nicht nur eine Bedeutung für dieses Land selbst, sondern auch für die Stabilität der Sahel- und der Subsahararegion insgesamt hat, heute gelten muss: Dieses Argument gilt heute umso mehr. Denn wenn wir zulassen, dass Mali destabilisiert und ins Chaos gestürzt wird, dann hat das möglicherweise auch Auswirkungen auf die Nachbarländer, zum Beispiel auf Burkina Faso, das ebenfalls schon mit großen Problemen kämpft.

Deshalb, glaube ich, ist heute der falsche Zeitpunkt, um über eine Rückkehr unserer Soldaten zu reden, sondern wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen und wie wir die Aktion und das Engagement von ECOWAS unterstützen können, hier für einen schnellen zivilen Übergang und schnelle Wahlen zu sorgen, damit es hier auch wieder zu einer geordneten demokratischen Regierungsbildung kommt.

Die völkerrechtlichen Grundlagen für die Fortsetzung der Mandate sind da, und auch deshalb gibt es im Moment keinen Grund, über eine Beendigung nachzudenken.

Der AfD-Antrag geht ja im Prinzip in eine ähnliche Richtung. Ich will mich jetzt nicht groß zu handwerklichen Fragen des Antrags äußern, aber es hat mich etwas überrascht, dass Sie Quellen aus der Systempresse dafür anführen, warum wir diesen Einsatz in Mali beenden müssten.

Ich kenne Ihre Rede noch nicht, Herr Maier. Wir haben aber schon öfter über Mali geredet. Deshalb habe ich eine ungefähre Vorstellung, in welche Richtung das gehen wird. Wahrscheinlich ist es die Richtung, dass wir es unseren Soldatinnen und Soldaten dort vor Ort nicht zumuten können, unter solchen Bedingungen ihren Dienst zu leisten, und dass es hier auch um Anerkennung geht. Da sage ich: Ja, es geht hier um Anerkennung und um Wertschätzung von Arbeit. Ich sage Ihnen aber auch: Heute Mittag, als wir hier in Anwesenheit von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble einen Dank an die Polizistinnen und Polizisten ausgesprochen haben, die versucht haben, sich der Menge entgegenzustellen, die hier in den Reichstag eindringen wollte - in Mali sind übrigens auch Polizisten und nicht nur Soldaten im Einsatz -, haben wir erlebt, dass Sie es als einzige Fraktion geschafft haben, bei diesem Dank an die Polizistinnen und Polizisten nicht aufzustehen. Ich glaube, Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie sich in Ihrem Redebeitrag hier jetzt wieder als die Wächter von Recht, Sicherheit und Ordnung gerieren oder nicht. Ich glaube, das haben Sie spätestens mit dem heutigen Tage verwirkt.

Vielen Dank.