Meine Rede zur Weiterentwicklung der Gewerbesteuer
Am Freitag den 13. Fand die Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Einstieg in die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer – Freie Berufe in die Gewerbesteuerpflicht einbeziehen“ im Deutschen Bundestag statt.
Markus Koob (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn viele von uns in einigen Wochen mehr oder weniger text- und tonsicher vor dem Weihnachtsbaum besinnliche Weihnachtslieder singen, wird ein Klassiker sicherlich nicht fehlen: Alle Jahre wieder.
Mit Blick auf die heutige Debatte könnten wir dieses Lied aber auch heute schon anstimmen. Denn wir führen auch diese Debatte jedes Jahr wieder.
Zur vorweggenommenen Besinnlichkeit gehört, dass wir alle die gleiche Zielsetzung verfolgen, die auch gut und wichtig ist: die Stabilisierung der Finanzen von Städten und Gemeinden. Aber diese Bundesregierung und diese Koalition arbeiten längst mit einem Strauß unterschiedlicher Maßnahmen auf dieses Ziel hin. Der Kollege Lerchenfeld hat in der gebotenen Ausführlichkeit bereits viele der unterschiedlichen Maßnahmen erläutert. Die reichen von der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung bis hin zu der kürzlich beschlossene Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Asyl- und Flüchtlingssituation in Deutschland. Wir helfen den Kommunen. Das machen wir, weil wir starke Kommunen wollen, das machen wir, weil wir stabile Finanzen in den Kommunen wollen, und das machen wir, weil wir mit der Stärkung der Infrastruktur mehr Lebensqualität in den Kommunen wollen.
Diese Ziele haben wir durch konkrete Maßnahmen auch zu unseren gemacht, obwohl nach der Kompetenzverteilung unserer Verfassung die Länder primär zuständig für die Kommunen sind und auch bleiben müssen. Aber der Bund hilft. Wir helfen den Kommunen, weil wir ein verlässlicher Partner der Kommunen sind, obwohl das nicht unsere primäre Pflicht ist. Wir bekräftigen auch an dieser Stelle gerne, dass die kommunalfreundliche Politik dieser Bundesregierung von uns aus voller Überzeugung getragen wird. Deswegen habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass Sie die von uns gesetzten Ziele in Ihrem Antrag als durchaus erstrebenswert definieren. Es kommt nicht alle Tage vor, dass uns selbst die Linken bescheinigen, eine richtige Zielsetzung mit unserer Politik zu verfolgen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, so viel Einigkeit und Besinnlichkeit gibt es auf den zweiten Blick dann doch wieder nicht, und wir haben auch durchaus unterschiedliche Ansichten, mit welchen Mitteln wir diese Ziele erreichen wollen. Um es vorwegzunehmen: Ich glaube, es wird Sie nicht wirklich überraschen, dass ich am Ende der Rede empfehlen werde, Ihren Antrag abzulehnen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe.
Mit diesem Antrag wird suggeriert, dass sich Anwälte, Ärzte, Ingenieure oder Architekten und viele Freiberufler in unserem Land außerhalb der Steuerordnung bewegen würden. Nichts anderes lässt es vermuten, wenn der Tenor Ihres Antrags sinngemäß lautet: Die Freiberufler nutzen die kommunale Infrastruktur und sollten sich endlich an ihrer Finanzierung beteiligen.
Wir wollen hier einige Sachen klarstellen. Die freien Berufe tragen natürlich ihren Teil zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur bei. Die Grundsätze ihrer Besteuerung sind im Einkommensteuergesetz niedergeschrieben. Ein Teil der Einkommensteuer - es sind 15 Prozent - wird den Kommunen direkt zugeführt. Jetzt werden Sie sagen: Da ist noch Luft nach oben. - Als Kommunalpolitiker - ich bin Stadtverordneter in meiner Heimatstadt Oberursel - sehe ich das durchaus ähnlich. Aber das ist heute nicht unser Thema, sondern die Auferlegung der Gewerbesteuerpflicht für Freiberufler, und die halte ich für falsch.
Die Einkommensteuer, die auch für Freiberufler gilt, ist eine beachtliche Komponente von Gemeindehaushalten. Außerdem: Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer wird zusätzlich durch Bundesmittel verstärkt, die den Kommunen und deren Infrastruktur zugutekommen. Der Bund beteiligt sich durch kluge Programme und Fördermaßnahmen an der Unterstützung der Kommunen, vor allem der strukturschwachen Kommunen, zum Beispiel durch das Bund-Länder-Programm „Die soziale Stadt“, in dem es um städtebauliche Aufwertung von benachteiligten Städten geht.
Eine sehr finanzschwache Kommune in meinem Nachbarwahlkreis nimmt mit großer Begeisterung an diesem Programm teil und hat so trotz klammer Kassen die Möglichkeit, erheblich in die kommunale Infrastruktur zu investieren. Das zeigt: Der Bund wirkt hier freiwillig daran mit, dass auch finanzschwache Kommunen mitgenommen werden und nicht auf der Strecke bleiben, und das ist auch gut so.
Ohne Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung von Finanzbeamten in den Steuerbehörden und steuererklärenden Freiberuflern würde es nicht gehen, wenn wir Ihre Vorschläge umsetzen würden; denn nach Ihrem Entwurf sollen Freiberufler sowohl einkommen- als auch gewerbesteuerpflichtig sein und ihre unterschiedlichen Steuerschulden miteinander verrechnen. Denken Sie doch einmal an den Verwaltungsaufwand.
Mit welchen Instrumenten die kommunale Finanzkraft gestärkt wird, wird im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu klären sein. Aus eigener Erfahrung vor Ort warne ich uns alle, nach vermeintlich einfachen Lösungen zu suchen. Dazu zählt auch, dass wir uns davor hüten sollten, die Gewerbesteuer entgegen der Realität vor Ort zu glorifizieren. Die Gewerbesteuer ist eine sehr konjunkturanfällige und damit keine verlässliche Steuer. Darauf hat schon die sogenannte Troeger-Kommission in Vorbereitung der letzten großen Gemeindefinanzreform aufmerksam gemacht.
Es gibt sicherlich viele weitere Anekdoten von Kolleginnen und Kollegen, die auch in der Kommunalpolitik aktiv sind und die Ihnen berichten könnten, was bei Turbulenzen in der Gewerbesteuer so alles passieren kann. Allein in meiner Heimatstadt riss erst kürzlich eine Gewerbesteuerrückzahlung in Höhe von 37 Millionen Euro ein großes Loch in den kommunalen Ergebnishaushalt.
Für eine mittelgroße Stadt ist das verdammt viel Geld. Daher: Ja, die Finanzkraft und die Infrastruktur vor Ort müssen gestärkt werden, aber ob die Ausweitung der Gewerbesteuer hierbei das geeignete Mittel ist - da würde ich doch ein großes Fragezeichen setzen. Die CDU/CSU-Fraktion bleibt ein verlässlicher Partner der Kommunen, und sie wird sich im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für einen zufriedenstellenden, aber vor allem für einen stabilen und nachhaltigen Kompromiss stark machen. Die Menschen vor Ort können sich sicher sein, dass wir am kommunalfreundlichen Kurs dieser Bundesregierung festhalten und dass wir diesen weiterhin zu einer wichtigen Grundlage unserer Arbeit machen.