Markus Koob MdB

Meine Rede zur Zusammenlegung der Familienkassen

TOP 35 - Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen

Am Donnerstag wollte ich meine Rede zur Zusammenlegung der Familienkassen im Plenum des Deutschen Bundestages halten. Wegen der schieren Masse an Tagesordnungspunkten am Donnerstag hätte ich die Rede gegen 5:30 Uhr am Freitagmorgen halten sollen. Wie üblich wurde sich deshalb zwischen den Rednern und den Fraktionen darauf verständigt, dass die Reden zu Protokoll gehen. Meine Rede zu Protokoll können Sie nun hier nachlesen:

Foto: Laurence Chaperon

„Sehr geehrter Präsident! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben in Deutschland 16 Mio. Kinder, die Kindergeld beziehen, das entspricht einem Auszahlungsvolumen von über 39 Mrd. Euro im Jahr. Zurzeit bearbeiten über 8.000 kleine und kleinste dezentrale Familienkassen die Kindegeldanträge von öffentlichen Bediensteten, also nur rund 13% aller zu bearbeitenden Anträge in Deutschland. Da keine gesetzliche Anmeldungs- und Registrierungspflicht besteht, sind keiner Behörde alle Familienkassen bekannt. Die Bundesagentur für Arbeit verfügt über 14 Familienkassen, die 87 Prozent der Kindergeldfälle bearbeiten, die restlichen 13% werden von den übrigen über 8.000 einzelnen Familienkassen des öffentlichen Dienstes bearbeitet. Hier besteht ein dringender Reformbedarf, um einen modernen und wirtschaftlichen Verwaltungsvollzug zu schaffen, dem wir mit diesem Gesetzentwurf nur zu gerne nachkommen. Er ist als Maßnahme Teil des vom Bundeskabinett am 04. Juni 2014 beschlossenen Arbeitsprogramms „Bessere Rechtsetzung 2014“ für eine bürgerfreundlichere Verwaltung.

Das uns heute vorliegende Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes ist hauptsächlich eine Strukturreform der Zuständigkeiten. So wird durch dieses Gesetz zum Beispiel die Zuständigkeit für das Bundesamt für Zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom Bundesministerium des Innern auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen. Hauptziel des Gesetzes ist es allerdings die 100 Familienkassen des Öffentlichen Dienstes bis 2022 an die Bundesagentur für Arbeit oder das Bundesverwaltungsamt zu überführen. Im Zuge dessen wird den Ländern und Kommunen die Möglichkeit gegeben, die Zuständigkeiten ebenfalls abzugeben. Im Bereich der Länder kommt es zu keiner automatischen Übertragung, die Sonderzuständigkeit bleibt dort erhalten und es liegt im Ermessen der Länder, wem sie die Aufgabe übertragen.

Damit kann sichergestellt werden, dass Familienkassen ihre Zuständigkeiten und Aufgaben behalten können, jedoch die kleineren Familienkassen mit sehr geringen Fallzahlen die Zuständigkeit an die Bundesagentur für Arbeit oder das Bundesverwaltungsamt übertragen können. Durch die geringen Fallzahlen bei den Familienkassen des Öffentlichen Dienstes sind keine standardisierten Arbeitsabläufe oder Erreichung von Mindeststandards möglich. Zudem muss ein bundesweites, einheitliches Datennetzwerk geschaffen werden, damit Kindergelddaten zentral gespeichert werden können und ein Abgleich zwischen den Familienkassen ermöglicht wird.

Es wurden Bedenken an mich herangetragen, dass durch dieses Gesetz die Kindergeldbearbeitung von den Bürgerinnen und Bürgern weiter entfernt werde und es die Kontaktaufnahme mit den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern erschweren würde.  Dazu kann ich nur sagen, dass die Agentur für Arbeit bereits jetzt schon dafür sorgt, dass von 8-18 Uhr kompetente Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter für Fragen und Auskünfte kostenlos zur Verfügung stehen. Durch den bundesweiten Zugriff auf die elektronischen Kindergeldakten müssen die Kindergeldberechtigten außerdem nicht mehr lange auf umfassende Auskunft über ihren Fall warten. Dadurch kann die Wartezeit pro Fall durchschnittlich auf 11 Tage reduziert werden. Diese Bedenken muss ich daher vehement als unbegründet zurückweisen.

Der Bundesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht von 2015 veröffentlicht, dass alleine in den Jahren von 2007 bis 2009 1.306 Fälle ermittelt wurden, in denen Kindergeld für dasselbe Kind doppelt ausgezahlt wurde. Dies entspricht einem Schaden von über 9 Mio. Euro. Diese Fälle werden künftig gerade durch die Zusammenlegung der Familienkassen verhindert werden.

Es ist klar, dass durch die Überführung kurzfristig erhöhte Kosten entstehen können. Bei der Bundesagentur für Arbeit kommt es zu einem einmaligen Aufwand von rund 22,25 Mio. Euro, bei dem Bundesverwaltungsamt werden die zusätzlichen Kosten 1,95 Mio. Euro betragen. Mittelfristig wird es jedoch zu Einsparungen von mindestens 8,5 Mio. Euro jährlich kommen - bei jedem Kindergeldfall, der übertragen wird, lassen sich somit 20 Euro einsparen. Der Gesetzentwurf beinhaltet somit nicht nur rein strukturelle Vorteile, sondern bietet auch ganz konkrete Einsparmöglichkeiten im Verwaltungsvollzug. Dies steht ganz im Zeichen einer transparenter organisierten, nachhaltigeren und effizienteren Verwaltungsstruktur in Deutschland und findet daher ebenso meine vollste Unterstützung, wie das Angebot webbasierter Antragsformulare, die sowohl dem Anspruch einer modernen, digitalisierten Verwaltung entsprechen als auch den Familien die Antragsstellung um ein Vielfaches erleichtern.

Die Reform bietet nicht nur signifikante und zukunftsorientierte Effizienzvorteile, sondern auch ein nachhaltiges Einsparpotential und ist damit sowohl im Interesse der Familien, als auch des steuerzahlenden Bürgers und der steuerzahlenden Bürgerin.

Ich bitte daher um Ihre Zustimmung dieses Gesetzentwurfes!

Vielen Dank.“