Markus Koob MdB

Meine Rede zur Aufnahme von E-Zigaretten und E-Shishas ins Jugendschutzgesetz

Am heutigen Freitag habe ich eine Rede im Deutschen Bundestag zur Novellierung des Jugendschutzgesetzes gehalten. Elektronische Zigaretten und elektronisches Shishas sollen darin aufgenommen werden und deren Abgabe online und offline an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verboten werden.

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre meiner Rede. 

Sollten Sie meine Rede als Video sehen wollen, klicken Sie bitte hier.

„Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Kinder und Jugendliche! Lungenkrebs, Wachstumsstörungen, Einengungen der Bronchialwege, chronische Entzündungen der Bronchien, Bluthochdruck, erhöhte Herzfrequenz, erhöhtes Thromboserisiko - die von mir aufgezählten Krankheiten sind nicht nur lebensbedrohlich, sondern allesamt Krankheiten, die man mit dem Rauchen von E-Zigaretten und E-Shishas in Verbindung bringt. Es ist mitnichten der Fall, dass es sich bei einer E-Zigarette um die gesunde Schwester der Tabakzigarette handelt.

Vielleicht geht es Ihnen, wie es mir zu Beginn der parlamentarischen Beratungen zu E-Zigaretten und E-Shishas als Nichtraucher ging: Sie haben keine blasse Ahnung davon, wie E-Zigaretten und E-Shishas funktionieren. Alle Welt redet davon; aber an Ihnen als Nichtraucherinnen und Nichtrauchern ist das Thema komplett vorbeigegangen. - Ich möchte Ihnen die Funktionsweise einmal kurz erläutern, damit Sie sich selbst ein genaues Bild machen können. Jede E-Zigarette funktioniert nämlich nach dem gleichen Prinzip: Eine Flüssigkeit, das sogenannte Liquid, wird über eine Heizspirale geführt, wobei dieses Liquid durch die Hitze verdampft. Durch den individuellen Luftzug wird dieser Dampf dann aus der E-Zigarette gezogen. Fertig ist die simple Funktionsweise der E-Zigaretten.

Welcher zentrale Punkt bei der Funktionsweise des Gerätes aber nicht vergessen werden darf, ist die Wirkungsweise dieser sogenannten Liquids. Die Harmlosigkeit, wie uns Industrie und auch Konsumenten weismachen wollen, ist keinesfalls wissenschaftlich gesichert. Das Gesundheitsrisiko für nikotinhaltige Liquids liegt zunächst auf der Hand. Nikotin als solches ist ein Suchtstoff. Der Konsum von Nikotin führt in der Regel zu einem langanhaltenden Konsum. Gerade dann, wenn die Stoffe, die man gemeinsam mit dem Nikotin zu sich nimmt, gesundheitsschädigend sind, führt das Nikotin selbstverständlich dazu, dass man diese gesundheitsschädigenden Stoffe regelmäßig zu sich nimmt. Sucht ist immer gefährlich, vor allem dann, wenn sie im Jugendalter beginnt.

Mit der nun erfolgenden Änderung des Jugendschutzgesetzes verbieten wir die Abgabe von nikotinhaltigen E-Zigaretten und E-Shishas, aber auch die Abgabe von nikotinfreien E-Zigaretten und E-Shishas an Jugendliche offline und auch online. Das liegt daran, dass Nikotin nicht der gefährlichste Inhaltsstoff der E-Zigaretten und E-Shishas ist. Deshalb gibt es für den Gesetzgeber auch keinen Grund, einen Unterschied zwischen nikotinhaltig und nikotinfrei zu machen, gerade nicht im Zusammenhang mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Bei nikotinfreien elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas wird der bei der Verdampfung des Liquids entstehende Nebel, Aerosol genannt, inhaliert. Dieses Liquid besteht aus einem Gemisch verschiedener Chemikalien, wobei als Grundsubstanzen Propylenglykol und Glycerin dienen; Propylenglykol ist allen Anwesenden höchstwahrscheinlich besser als Frostschutzmittel bekannt. Die ultrafeinen Partikel des Aerosols können chronische Schädigungen verursachen. Diese wirken sich insbesondere in der Wachstumsphase der Kinder und Jugendlichen aus und beeinträchtigen die Lungenentwicklung bei Kindern; denn das Wachstum der Lungen endet erst im jungen Erwachsenenalter.

Auswertungen neuer Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Deutschen Krebsforschungszentrums ergeben, dass beim Dampfen von elektronischen Inhaltsprodukten Carbonylverbindungen entstehen, die, wie auch Benzol oder Asbest im Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Neben diesen Grundsubstanzen des Liquids werden aber auch Aromazusätze verwendet, die im Liquid mitverdampfen. Diacetyl ist als süßer Bestandteil sehr vielen Lebensmitteln zugesetzt. Wird dieser Stoff aber inhalativ aufgenommen, kann er zu schweren Entzündungen der Atemwege führen.

Weitere Bestandteile von E-Zigaretten und E-Shishas sind Schwermetalle. Forscher haben sowohl Blei- als auch Chromwerte gemessen, die bei herkömmlichen Zigaretten gar nicht auftauchen. Die Nickelmesswerte waren ungefähr viermal so hoch wie beim konventionellen Tabakrauch.

Nichtrauchen ist Gesundheitsschutz. Der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas ist das Gegenteil davon. Vor allem im Wachstum befindliche Jugendliche sollten dies erkennen. E-Zigaretten sind vieles, aber ganz sicher nicht hipp und cool. Wenn Sie Gummibärchengeschmack wollen, essen Sie Gummibärchen. Wenn Ihnen nach Vanille ist, bietet es sich in dieser Jahreszeit vielleicht an, auf Vanillekipferl umzusteigen. Aber schädigen Sie nicht Ihre Gesundheit, die im Zweifelsfall noch mindestens 80 Jahren halten sollte.

Es ist eben nicht so, dass es eine gesunde Alternative ist. Es ist nur eine weniger schädliche, als Tabak zu sich zu nehmen. Auch aus diesem Grund stelle ich mich gegen die euphemistische Bezeichnung des Dampfens. Uns allen in diesem Hause ist bewusst, dass an einem Verkaufsverbot für unter 18-Jährige sowohl offline in Kiosken als auch online im Internet kein Weg vorbeiführt, so wie es ursprünglich intendiert war, bis das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Rechtsprechung die E-Zigarette als Medizinprodukt kippte. Für einen wirksamen Jugendschutz wird es nötig sein, die Hürden für Jugendliche so hoch wie möglich, für E-Zigaretten konsumierende Erwachsene dagegen so niedrig wie möglich zu machen. Das ist ein bekanntes Spannungsfeld, auf dem wir uns im Ausschuss immer wieder bewegen, welches wir aber in anderen Segmenten, unter anderem im Filmsegment, erfolgreich gelöst haben. Auch wenn E-Zigaretten für bereits suchterkrankte Raucherinnen und Raucher ein Ausstiegsmodell sein können, besteht die Gefahr, dass sich dieses Ausstiegsmodell bei naturgemäß nicht zigarettenaffinen Jugendlichen in ein Einstiegsmodell zum dauerhaften Tabak- oder E-Zigaretten-Konsum entwickeln kann. Dies gilt es mit aller Kraft zu verhindern. Auch dafür brauchen wir diese Jugendschutznovelle.

Bereits heute hat jede fünfte minderjährige Person in der Altersgruppe der Zwölf- bis Siebzehnjährigen schon einmal eine elektronische Shisha probiert. Jeder Siebte in dieser Altersgruppe hat Erfahrung mit einer elektronischen Zigarette. 534 000 Kinder und Jugendliche haben bereits eine elektronische Shisha oder Zigarette konsumiert, aber bislang noch nie eine Tabakzigarette geraucht. Um diesen 534 000 Kindern und Jugendlichen nicht den Weg in die Sucht zu ebnen, muss das Verbot für unter 18-Jährige schnell und umfassend erfolgen, so wie wir es im Gesetzentwurf planen. Es geht mir dabei nicht darum, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu beschränken. Ich möchte im Rahmen des uns zur Beratung vorliegenden Gesetzentwurfs erreichen, dass Heranwachsende vollumfänglich vor den erwähnten lebensgefährlichen Stoffen geschützt werden. Erwachsene Bürgerinnen und Bürger dürfen - darauf wurde hier bereits mehrfach hingewiesen - ihre eigene Entscheidung treffen, wie sie mit E-Zigaretten und E-Shishas und den damit verbundenen Risiken umgehen. Für unter 18-Jährige aber gilt dieser Grundsatz nicht. Deshalb verbieten wir mit diesem Gesetz die Abgabe von E-Zigaretten und E-Shishas an diese Gruppe und schließen damit die durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entstandene Rechtslücke.

Zum Ende meiner Rede - das ist vielleicht ein schönes Zeichen der Einmütigkeit in diesem Haus bei diesem Thema - möchte ich den gleichen Hinweis geben wie der Kollege Müller. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, aufgrund der nicht immer belastbaren Daten für eine unabhängige Forschung auf diesem Gebiet zu werben. Dies bringt sowohl den Raucherinnen und Rauchern als auch den Nichtraucherinnen und Nichtrauchern Erkenntnisse, die für einen unbelasteten Gebrauch elektronischer Shishas und Zigaretten notwendig sind. Außerdem möchte ich an die Raucherinnen und Raucher von E-Zigaretten und E-Shishas appellieren, das Rauchen elektronischer Güter in Nichtraucherzonen so lange zu unterlassen, bis abschließend geklärt ist, welche Giftstoffe durch das Passivrauchen von E-Zigaretten und E-Shishas aufgenommen werden können.

Vielen Dank.“